Eventscheuer ist weg

Beitrag der PFB-WählerInnenvereinigung für Mitteilungsblatt Kernen 44-2024 vom 30.10.2024

Nun ist sie also dem Erdboden gleichgemacht, die sogenannte „Event-Scheuer“ am Nordostrand der Hangweide. (Wir berichteten schon darüber). Ursprünglich gehörte sie zum Gärtnereigelände der Diakonie und diente als Lagerhalle. Sie war frei geworden, weil nicht nur der Wohn- und Arbeitsbereich der Hangweide aufgegeben, sondern auch der Bio-Gärtnerbetrieb der Diakonie nach Stetten verlagert wurde. 
Die Scheuer wurde für 50.000 € hergerichtet, damit dort Veranstaltungen stattfinden konnten. Vor allem für die IBA, die Internationale Bauausstellung, die 2027 in der Region Stuttgart stattfindet. Die Hangweide war eines der ersten Projekte, das dafür ausgesucht wurde. Die Zusage, die Scheuer für die IBA zu nutzen (z.B. für Begleitveranstaltungen) und für die Dauer der Bauarbeiten stehen zu lassen, wurde von den Verantwortlichen auch deshalb gemacht, weil es massiv Kritik gab, als der Kirchsaal der Hangweide – wie auch alle anderen Gebäude dieser ehemaligen Wohn- und Arbeitsstätte für Menschen mit Behinderungen – vor Jahren schon abgerissen wurde. „Rückgebaut“ heißt es ja so schön in der Sprache der PlanerInnen. 
Aber nun ist die Scheuer auch weg. Wegen eines später benötigten Entwässerungsgrabens. So das Rathaus in einer Pressemitteilung. (Das war wohl beim Beschluss, die Scheuer zu erhalten, noch nicht bekannt?) Und natürlich war der „Abriss unvermeidbar“, so die Titelzeile eines Artikels in der WKZ. Abrisskosten: weitere 69.000 €.
Wahrscheinlich wird es dann so sein, dass wir die Eröffnung der IBA im Jahre 2027 in einem extra zu errichtenden Festzelt auf der Hangweide feiern müssen. Oder mit einem Geländespiel auf dem rückgebauten Gelände?

Da war sie noch da, die Eventscheune, Okt. 2024, Foto PFB
Und nu isse weg, Eventscheune Hangweide, Nov. 2024, Foto PFB

Freie Turnerschaft Stetten im Remstal

Beitrag der PFB WählerInnenvereinigung für Mitteilungsblatt Kernen 45-24 vom 6.11.2024

Komische Überschrift, oder? Noch nie gehört, diese Bezeichnung? Aber die Freie Turnerschaft gab es tatsächlich. Weil nämlich ArbeiterInnen und ProletarierInnen in dem 1908 gegründeten bürgerlichen Turnverein TV Stetten nicht Mitglied werden konnten (dies war Wengertern/Handwerkern und ihren Familien vorbehalten) mussten die „Fabrikler“ (wie sie auch genannt wurden) einen eigenen Verein gründen. Diese waren es dann, die 1929 oben am Kammerforst ihr eigenes Turner-Heim bauten. (Siehe Foto). Mitsamt einem zugehörigen Sportplatz für die Leichtathletik. 1933, nach der Machtübergabe an die Nazis, wurden die Freien Turner verboten, ihr Heim beschlagnahmt und in „SA-Heim“ umbenannt. 
Wie das Haus nach 1945 zum „Sängerheim“ wurde, erzählen wir nächste Woche. 

In den aktuellen Diskussionen über die Zukunft des Sängerheims wird die „rote“ Entstehungsgeschichte des Hauses nicht erwähnt. Auch nicht in dem Entwurf des Büros „Kohl & Partner“ zur Neuausrichtung des Sängerheims noch in deren Konzeption für einen „Erlebnisweg“ von der Glockenkelter hoch zur Kugelbahn. Das ist schade. Zumal alles in dem Buch „100 Jahre TV Stetten“ gut und ausführlich dokumentiert wird. (Wen’s interessiert: erhältlich bei der Geschäftsstelle des TV Stetten).

Das Turnerheim der Arbeitersportler am Kammerforst, 1929 erbaut. Foto Karl Beck
Das Jahrhundertbuch des TV Stetten, mit dem Artikel über die Freie Turnerschaft.

Friedensdemo in Berlin + Wolfgang Borchert „Sag Nein“ + Unterschriftensammlung „Berliner Appell“

PFB WählerInnenvereinigung für Mitteilungsblatt Kernen 41-2024 vom 9.10.2024

Auch einige Aktive des PFB waren am 3. Oktober zur Friedensdemo nach Berlin gefahren. Organisiert von der „Initiative ‚Nie wieder Krieg – die Waffen nieder‘“ und mit der Parole „Diplomaten statt Granaten“ richtete sie sich gegen die Stationierung von US-Raketen in Deutschland, gegen deutsche Waffenlieferungen und für Friedensverhandlungen in der Ukraine und in Israel. Vor über 30.000 TeilnehmerInnen sprachen u.a. Sahra Wagenknecht (BSW), Gesine Lötzsch (Linke), Peter Gauweiler (CSU) und Ralf Stegner (SPD).
Auf unserer Webseite www.pfb-kernen.de finden Sie das historische Gedicht des Schriftstellers und Weltkriegssoldaten Wolfgang Borchert „Dann gibt es nur eins – Sag NEIN“, das dieser unter dem Eindruck seiner furchtbaren Kriegserfahrungen schrieb. Erschreckend aktuell.
Die RednerInnen bei der Kundgebung kritisierten auch die Hunderte von Milliarden für die Rüstung, die im Sozialbereich fehlen. Mit jeder Artilleriegranate fliegen drei voll finanzierte Kitaplätze in die Luft.

Armutskonferenz + Vortrag Butterwegge
Gerne weisen wir nochmal auf die am Donnerstag, 10.10.2024 von 16-18 Uhr statttfindende Armutskonferenz in der Christuskirche in Waiblingen hin. Sie ist öffentlich und wird von den örtlichen Wohlfahrtsverbänden, Kirchen und der Diakonie Stetten organisiert. Dort spricht der bekannte Ungleichheitsforscher Prof. Christoph Butterwegge zum Thema „Arme im Ausnahmezustand – Mittelschicht unter Druck?“.

Prof. Butterwegge ist dann am Abend des 10.10.2024 zu Gast bei der Allmende, 19:30 Uhr im Sommersaal des Stettener Schlosses. Er stellt sein vor kurzem erschienenes Buch „Umverteilung des Reichtums“ vor. Der Eintritt ist frei.

Nachbemerkung: Bei der Kundgebung am 3.10. sprach Sahra Wagenknecht von einem „Bataillon von Kriegstüchtigkeitsmaulhelden“, denen sie empfahl, doch ihren sicheren Schreibtisch zu verlassen und mit der Waffe in der Hand zu kämpfen.
Inzwischen gibt es eine neue Unterschriftensammlung, den „Berliner Appell“ gegen die Stationierung von Mittelstreckenraketen in Deutschland und für eine friedliche Welt. Siehe https://nie-wieder-krieg.org/berliner-appell/

Wolfgang Borchert
Dann gibt es nur eins!
Du. Mann an der Maschine und Mann in der Werkstatt. Wenn sie dir morgen befehlen,
du sollst keine Wasserrohre und keine Kochtöpfe mehr machen – sondern Stahlhelme
und Maschinengewehre. dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du. Mädchen hinterm Ladentisch und Mädchen im Büro. Wenn sie dir morgen befehlen,
du sollst Granaten füllen und Zielfernrohre für Scharfschützengewehre montieren,
dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du. Besitzer der Fabrik. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst statt Puder und Kakao
Schießpulver verkaufen, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du. Forscher im Laboratorium. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst einen neuen
Tod erfinden gegen das alte Leben, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du. Dichter in deiner Stube. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst keine Liebeslieder,
du sollst Haßlieder singen, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du. Arzt am Krankenbett. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst die Männer
kriegstauglich schreiben, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du. Pfarrer auf der Kanzel. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst den Mord segnen
und den Krieg heilig sprechen, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du. Kapitän auf dem Dampfer. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst keinen Weizen
mehr fahren – sondern Kanonen und Panzer, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du. Pilot auf dem Flugfeld. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst Bomben und Phosphor
über die Städte tragen, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du. Schneider auf deinem Brett. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst Uniformen
zuschneiden, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du. Richter im Talar. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst zum Kriegsgericht gehen,
dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du. Mann auf dem Bahnhof. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst das Signal zur Abfahrt
geben für den Munitionszug und für den Truppentransport, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du. Mann auf dem Dorf und Mann in der Stadt. Wenn sie morgen kommen und dir den
Gestellungsbefehl bringen, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du. Mutter in der Normandie und Mutter in der Ukraine, du, Mutter in Frisko und London,
du, am Hoangho und am Mississippi, du, Mutter in Neapel und Hamburg und Kairo und
Oslo – Mütter in allen Erdteilen, Mütter in der Welt, wenn sie morgen befehlen, ihr sollt
Kinder gebären, Krankenschwestern für Kriegslazarette und neue Soldaten für neue
Schlachten, Mütter in der Welt, dann gibt es nur eins:
Sagt NEIN! Mütter, sagt NEIN!
Siehe auch https://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_Borchert

Kundgebung Anti-Kriegstag, Friedensbaum Fellbach, „Eure Kriege ohne uns“, 1.9.2024, Foto Allmende
Anti-Kriegs-Kundgebung Stuttgart, Februar 2024, Foto Allmende

Armutskonferenz in Waiblingen

PFB WählerInnenvereinigung für Mitteilungsblatt Kernen 40-2024 vom 2.10.2024

Seit zwei Jahrzehnten veranstalten verschiedene Organisationen (Kreisdiakonieverband, Diakonie Stetten, Erlacher Höhe, Caritas, Liga der Freien Wohlfahrtspflege, Ev. Meth. Gemeinde) eine Armutskonferenz in Waiblingen. Dieses Jahr im Rahmen der Kampagne „Armut bedroht alle“ und mit dem Titel „Nach 20 Jahren Armutskonferenz: Mehr soziale Gerechtigkeit?“. Dieses Jahr findet sie am Donnerstag, 10. Oktober von 16-18 Uhr in der Christuskirche in Waiblingen (Bismarckstr./Ecke Blumenstraße) statt. Nach einem Grußwort des Waiblinger OBs spricht der Ungleichheitsforscher Prof. Christoph Butterwegge zum Thema „Arme im Ausnahmezustand – Mittelschicht unter Druck?“. Um 17 Uhr gibt es eine Podiumsrunde mit örtlichen Praktikern „Was hat sich im Rems-Murr-Kreis getan – Auswirkungen für Betroffene“. Die musikalische Begleitung kommt von den Stettener Musikern „Mussorgsky meets Lucky Luke“. Die Konferenz ist offen für die interessierte Öffentlichkeit, der Eintritt ist frei. 

Reichtum umverteilen
Am Abend des 10. Oktober um 19:30 Uhr spricht Prof. Butterwegge bei einer Veranstaltung der Allmende im Sommersaal des Stettener Schlosses. Sein Thema: „Reichtum umverteilen“. Auf Grundlage seines kürzlich veröffentlichten Buches „Umverteilung des Reichtums“ und aufgrund einer gesellschaftlichen Entwicklung, die zusammengefasst heißt: die Reichen werden immer reicher und die Armen immer zahlreicher. Der Eintritt zu dieser Veranstaltung ist frei. Beachten Sie bitte auch die Ankündigung der Allmende in diesem Mitteilungsblatt.

Furor auf der Hangweide

PFB WählerInnenvereinigung für Mitteilungsblatt Kernen 39-24 vom 25.9.2024

Wie wenn wir es geahnt hätten, als wir im MB über Bauen im Bestand statt Abriss berichteten: laut Presseberichten soll nun auch die „Event-Scheuer“ auf der Hangweide abgerissen werden. Obwohl der Gemeinderat (GR) vor Jahren entschied, sie zu „ertüchtigen“. Die Planer scheinen von einer Art Furor [lateinisch für „das Wüten“] beherrscht zu sein, der sie alle Gebäude dort plattmachen lässt.

Am Bauzaun, auf den Werbebannern der mit dem Abbruch beauftragten Firma ist zu lesen: „Schaffa, schaffa, Häusle weg“ und „Der schönste Lärm der Stadt“ mit einem Abbruchbagger drauf, siehe Foto. An Zynismus kaum zu übertreffen.

Merkwürdig ist, dass der Ältestenrat des GR dem geplanten Abriss zugestimmt hat. Entgegen den Beschlüssen des GRs für Erhalt und Ausbau der Scheuer. In der Hauptsatzung bzw. in der Geschäftsordnung des Gemeinderats steht: „Der Ältestenrat berät den Bürgermeister in Fragen der Tagesordnung und des Gangs der Verhandlungen des GRs. Der Ältestenrat ist kein beschließender oder beratender Ausschuss des GRs“. Ob das gewählte Vorgehen wohl einer rechtlichen Überprüfung standhält?
Und irgendwie gab es einst einen Projektbeirat für den kontinuierlichen Informationsaustausch und die Qualitätssicherung des Projekts. Hat der mal wieder getagt?
Ebbe Kögel, PFB WV

Zynismus pur auf der Hangweide. Abbruch-Furor (= das Wüten) als „Schaffa, schaffa, Häusle weg. September 2024, Foto PFB
Auch die Event-Scheuer am Rande des Hangweide-Geländes muss dran glauben. Obwohl einst für teures Geld hergerichtet. Furor pur. 7.10.2024, Foto PFB

Bauen im Bestand (2)

PFB WählerInnenvereinigung für Mitteilungsblatt Kernen Nr. 38-2024 vom 18.9.2024

Letzte Woche berichteten wir über die zunehmende Bedeutung des Bauens im Bestand. Dazu ein paar Zahlen: In Europa werden 21% des Stahls, 65% des Glases, 25% des Aluminiums und 75% des Betons für den (Neu-)Bau von Gebäuden verwendet. Die Herstellung von Zement sorgt für 8% der weltweiten CO2-Emissionen, der Gebäudesektor verursacht 35% aller Abfälle. (S. Foto von den Überresten des Gärtnerhauses auf der Hangweide).

Die Zahlen finden sich in dem Positionspapier „Die Etablierung eines geeigneten Rahmens für zirkuläre Ansätze im Bausektor“ des Fachforums Nachhaltige Bauwirtschaft. Es kann kostenlos heruntergeladen werden: https://gruener-wirtschaftsdialog.de/wp-content/uploads/2022/11/GWD-Positionspapier-Kreislaufwirtschaft-Einzelseiten-WEB.pdf

Dort heißt es: „Die Kreislaufwirtschaft (Zirkularwirtschaft) ist ein Konzept, welches die Führung von Ressourcen und Gütern in Kreisläufen zum Ziel hat, zum Zweck der Verringerung ökologischer und sozialer Belastungen“.
Symposium „Kreisläufe denken“
Die Wirtschaftsförderung der Region Stuttgart veranstaltet am 26.9. um 16 Uhr das Symposium „Kreisläufe denken“, das live im Internet übertragen wird. Programm und Anmeldung: https://wrs.region-stuttgart.de/termine/5-symposium-zukunft-bauen-kreislaeufe-denken
Ebbe Kögel, PFB WV

Die Überreste des pfennigguten Gärtnerhauses auf der Hangweide, 119.2024, Foto PFB

Bauen im Bestand – der neue Trend

PFB WählerInnenvereinigung für Mitteilungsblatt Kernen 37-24 vom 11.9.2024

Die Ampel-Bundesregierung hat ja viele schöne Vorhaben in ihre Koalitionsvereinbarung reingeschrieben. Eines davon ist das Ziel, von der Wegwerfwirtschaft wegzukommen und Stoffkreisläufe zu schließen, insbesondere im Bau- und Gebäudebereich. Formuliert ist dies in der „Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS)“, für die das Umweltministerium im Juni 2024 einen Entwurf veröffentlichte, der dann in einem öffentlichen Anhörungsverfahren interessierten Gruppen und Verbänden vorgelegt wurde. Die Bau- und Immobilienwirtschaft war nicht so begeistert und hat entsprechende Verlautbarungen abgegeben.
Ganz anders der Umweltverband WWF (zusammen mit Verbänden aus der Wiederverwertungsindustrie), der in einem Papier die Wichtigkeit des Grundsatzes „Erhalt vor Neubau“ betont. Siehe: www.wwf.de/2024/august/appell-alte-haeuser-fit-machen-bringt-mehr-als-sturer-neubau-fokus.
Dort steht u.a.:

  • Im Bestand könnten durch Umbau/Umnutzung in den nächsten Jahren 4,3 Millionen neue Wohnungen geschaffen werden. Mit Neubau ist das nicht zu schaffen.
  • Mieten im Neubau sind deutlich teurer als im Bestand.
  • Eine Sanierung verursacht nur ein Viertel der CO2-Emissionen eines Neubaus. (150-200 kg CO²/m² zu 800 kg CO²/m²).
  • Bis 2050 können durch Sanierung 215.000 neue Arbeitsplätze entstehen – dreimal so viele wie durch Neubau.

In der Vergangenheit wurde bei uns in Kernen, wie woanders auch, zu viel und zu schnell abgerissen. In Zukunft kann es nur besser werden. Interessante Objekte wären z. B. das Schweizerhaus und die Genossenschaftskelter. Aber auch viele Gebäude in privater Hand wie bei der Ortskernsanierung in Rom. Wir geben die Hoffnung nicht auf.

Ebbe Kögel, PFB-WV

Luftbild der Hangweide vor dem Abriss, ca. 2020. Mit tollen Häusern für Bauen im Bestand. Foto IBA-Webseite
Die leerstehende Genossenschaftskelter in Stetten, Sommer 2024. Ein interessantes Gebäude für Bauen im Bestand. Foto PFB.

Das Dorf und seine „Anstalt“

Beitrag der PFB-WV für das MB Kernen Nr. 36-2024 vom 4.9.2024

2024 feiert die Diakonie Stetten ihr 175-jähriges Jubiläum. Sie wurde 1849 als Einrichtung der „Inneren Mission“ der Ev. Kirche gegründet, 1863 kauften die damaligen Verantwortlichen die Stettener Schlossanlage vom württ. König. Seither ist diese Heimstatt für Menschen mit Behinderungen. Eine der größten Einrichtungen dieser Art in Deutschland. 

Das Verhältnis zwischen der „Anstalt“ (wie sie früher hieß) und ihrer Heimatgemeinde war immer doppelwertig. Einerseits profitierte die Gemeinde enorm von dieser Einrichtung – denken wir nur an die zahlreichen Arbeitsplätze dort oder den Bau des Freibades. Andererseits gab es die Stigmatisierung, die mit der Gleichsetzung von Stetten und der Anstalt verbunden war. 
Mehr dazu gibt es bei einem Vortrag des Heimatforschers Ebbe Kögel am 23.10. im Ev. Gemeindehaus, mit anschließendem Podiumsgespräch.  Siehe: www.diakonie-stetten.de/175.

Jedenfalls ist die Diakonie heutzutage ein Sozialkonzern mit über 4.000 Beschäftigten (inkl. BBW und Alexander-Stift) und damit einer der größten Betriebe in der Region. 
Schauen wir uns die Infotafel an der Bushaltestelle Endersbacherstr. an (s. Foto), dann ist dies überhaupt nicht erwähnt. Wir meinen: im Jahr 175 des Bestehens sollte dies schnell geändert werden. 

Ebbe Kögel, PFB-WV

Infotafel am Ortseingang Stetten, Sommer 2024: Der größte Arbeitgeber am Ort, die Diakonie Stetten, wird mit keinem Wort erwähnt. Foto PFB
Die Kernen-Infotafel am Ortseingang Stetten in der Endersbacherstraße, Sommer 2024, Foto PFB

Tariftreue bei öffentlichen Aufträgen

Beitrag der PFB WählerInnenvereinigung für Mitteilungsblatt Kernen Nr. 35-2024 vom 28. August 2024

In der Vergangenheit berichtete das PFB schon mehrere Male über das „„Landestariftreue- und Mindestlohngesetz“ (LTMG), kurz Tariftreuegesetz. Dieses besagt, dass bei der Vergabe öffentlicher Aufträge darauf geachtet werden soll, dass Firmen den Zuschlag erhalten, die ihre Beschäftigten nach Tarif bezahlen. Und nicht diejenigen, die das billigste Angebot abgeben, u.U. auch deshalb, weil sie keinen Tarifvertrag haben oder mit ausländischen Subunternehmern arbeiten. (Insbesondere Bauindustrie).

So schlugen wir Ende 2020 vor, dass unsere Gemeinde die damalige Initiative des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) für eine verbesserte Regelung durch eine Resolution an unsere Wirtschaftsministerin unterstützt. Die Resolution wurde Anfang 2021 an Frau Hofmeister-Kraut geschickt.

Leider bisher ohne Erfolg. Im Gegenteil. So berichtet die StZ am 26.7., dass die besagte CDU-Ministerin bei einer Tagung von Unternehmern diesen die „frohe Botschaft“ verkündete, dass das LTMG nicht geändert werde und die im grün-schwarzen Koalitionsvertrag festgelegten Verbesserungen klammheimlich beerdigt wurden. Zum Nachteil aller Beschäftigten, die zu ordentlichen Löhnen arbeiten wollen. Und zum Nachteil von Kommunen und Krankenkassen, die von tariflich zahlenden Unternehmen mehr Einnahmen bekämen. Die offizielle (und lächerliche) Begründung: es solle keine neue Bürokratie aufgebaut werden.

Besser lief es in Esslingen, wo der Gemeinderat – in Zusammenarbeit mit dem DGB – Verbesserungen auf kommunaler Ebene beschloss: so gelten die Regelungen nun auch für Lieferverträge und für die Vergabe von Fachabteilungen. Ein Beispiel für Kernen? Wir meinen: Ja!

Ebbe Kögel, PFB-WV

Baustelle Kelchstützen Kellerbahnhof Stuttgart21, Ostern 2024. Ob da wohl bei allen Subunternehmen die Tarifverträge eingehalten werden? Foto Martin Krämer
Tage der Offenen Baustelle, Stuttgart21, Ostern 2024, Foto Martin Krämer

Die DHL-Poststation am Sportplatz – ein Fortschritt für Kernen? Oder gar für die Menschheit?

Anfang Mai 2024 wurde am Sportplatz-Parkplatz in Stetten eine DHL-Poststation eröffnet. [2023 war bereits eine DHL-Pack-Station auf dem Glockenkelter-Parkplatz aufgestellt worden. Siehe die jeweiligen Fotos). Sie wurde von einem Vertreter von DHL und von Bürgermeister Paulowitsch eingeweiht. In einem Bericht im Mitteilungsblatt 22-2024 sagt der BM dazu: „Dank der Poststation ist der Ortsteil Stetten sehr gut auf die Zukunft vorbereitet“.

Wir schrieben daraufhin im MB 28-2024 vom 10. Juli den folgenden Bericht dazu: „Bei der GR-Sitzung am 27.6. hat der Vorsitzende der PFB-Wählervereinigung eine Frage zur Eröffnung der zweiten DHL-Packstation in Stetten gestellt, die vor kurzem vom Bürgermeister zusammen mit einem Vertreter der Post eröffnet wurde. [Korrekterweise müsste es „Poststation“ heißen. Die Poststation kann wesentlich mehr wie eine Packstation – Anm. PFB-WV]
Diese Entwicklung ist nicht unproblematisch: 1. Ein Teil der Bevölkerung, der über kein Smartphone verfügt, ist von der Nutzung dieser Packstationen ausgeschlossen. Und ökologischer sind sie auch nicht.
2. Mit der Ausweitung der Packstationen steigt die Gefahr, dass die Öffnungszeiten der Postfiliale noch weiter eingeschränkt werden und sie in nicht allzuferner Zukunft ganz zugemacht wird. Sondermarken dürfen sie schon jetzt nicht mehr verkaufen.
Frage: Sieht auch die Gemeindeverwaltung diese Gefahr, dass dadurch der Stettener Ortskern noch weiter verödet? Und sieht sie die Gefahr, dass durch den weiteren Ausbau der Packstationen dann bei der DHL keine Bereitschaft mehr da wäre – zusammen mit den anderen Paketdiensten – zu einer alternativen Lösung der Paketzustellung auf der Letzten Meile zu kommen, die ja von mir schon verschiedentlich an dieser Stelle angesprochen wurde? Mit der Zusatzfrage, was denn aus dem Paketzustellungsmodell des Zeitungsverlages Waiblingen geworden ist, wo ja – so der Bürgermeister in einer früheren Sitzung – im letzten Jahr schon Gespräche mit der Gemeindeverwaltung stattgefunden haben?“

Dieser Beitrag wurde von der Gemeindeverwaltung mit einem Kommentar versehen:
Anm. der Redaktion:
Teile des Inhalts der Ausführungen stimmen nicht. Für die Nutzung der Packstation am Sportplatz ist kein Smartphone nötig.“
[Hervorhebung in rot vom PFB].
Das passiert uns öfters, dass die Verwaltung einen Kommentar unter einen unseren Beiträge schreibt. Das besagt aber nicht, dass die Anmerkung richtig oder falsch ist. Die Geschichte geht nämlich noch weiter:

Im Mitteilungsblatt 29-2024 vom 17. Juli schrieben wir daraufhin eine Fortsetzung: „Bei der GR-Sitzung am 27.6. stellte der Vorsitzende der PFB-WV eine Frage zur kürzlich eröffneten DHL-Packstation am Sportplatz. Im MB 28-24 äußerten wir uns kritisch dazu, weil Packstationen eine Bedrohung für kleinere Postfilialen (wie Stetten) sind, wenn über diese immer mehr Postverkehr abgewickelt wird. Wir schrieben, dass die Nutzung der Packstationen nur für Menschen möglich ist, die ein Smartphone und die entsprechende App haben. [Eine App ist eine Anwendung, die aufs Handy heruntergeladen werden kann, um dessen Funktionen zu erweitern, z.B. für den Versand von Paketen]. Die Verwaltung fügte deshalb einen Kommentar hinzu, dass die Nutzung der Station am Sportplatz auch für Menschen ohne Smartphone möglich sei.
Theoretisch ja, praktisch eher nicht. Ein Großteil der bestehenden Packstationen (z.B. Parkplatz Glockenkelter) funktioniert nur mit App. Wenn Sie regelmäßig Pakete dort abholen wollen, müssen sie sich bei DHL registrieren und die DHL-App auf Ihr Handy runterladen. Nur am Sportplatz können Sie, wenn Sie eine Benachrichtigungskarte im Briefkasten haben, den Sendungscode vor Ort einscannen und dann kriegen Sie das Paket. 
Wenn Sie am Sportplatz ein Paket verschicken wollen, muss dies vorfrankiert sein. Das müssen Sie übers Internet anfordern, zum Bezahlen ist Pay-Pal oder Kreditkarte notwendig.

Fazit: Die Packstationen sind für Menschen, die entsprechend ausgerüstet sind und auch kein Problem mit dem (fehlenden) Datenschutz von Apps haben, eine Verbesserung. Für alle anderen ist diese Entwicklung problematisch. Besser wäre, die Öffnungszeiten der bestehenden Postfilialen (mit persönlicher Betreuung) auszuweiten.

Auch auf diesen Beitrag gab es eine Anmerkung der Redaktion:

Es wird keine App benötigt. Sie können am Sportplatz gegen Kartenzahlung Pakete frankieren und versenden. Der Automat druckt das entsprechende Klebeetikett aus.

Nachbemerkung im Oktober 2024: wir müssen unseren Beitrag insofern korrigieren, als dass es sich am Sportplatz nicht um eine Packstation, sondern um eine Poststation handelt. Eine Poststation verfügt über einen Bildschirm, der von 8-18 Uhr eine direkte Video-Verbindung zu einer mit PostlerInnen besetzten Zentrale in Nürnberg hat. Diese können zu allen Post- und Paket-Problemen direkt befragt werden.
Die Poststation hat (im Vergleich zur Paketstation) erheblich erweiterte Funktionen, wie z.B. den Versand von Briefen und Paketen durch den direkten Kauf von Aufklebern für den Paket- und Briefversand sowie die Möglichkeit des Versands von (portofreien) Retouren durch den eingebauten Scanner.
Wenn Porto bezahlt werden muss, wird eine EC-Karte benötigt, um den entsprechenden Betrag bezahlen zu können.
Das heisst: Ein Smartphone bzw. eine App wie für die Paketstation am Glockenkelterparkplatz ist dafür nicht notwendig (wie von uns ursprünglich geschrieben), dafür allerdings eine EC-Karte. Das ist zwar auch noch eine Hürde für Nicht-KartenbesitzerInnen, aber sie ist nicht ganz so hoch wie beim Smartphone.
Nach wie vor gilt aber, dass es besser wäre, eine mit Menschen besetzte Postfiliale zu haben, mit kundenfreundlichen Öffnungszeiten.

Neue DHL-Poststation am Sportplatz Stetten, Juli 2023, Foto PFB
Neue DHL-Packstation am Parkplatz Glockenkelter, Foto PFB