Rückblick auf die Gemeinderatswahl am 9. Juni 2024 (2). Beitrag Parteifreies Bündnis für Mitteilungsblatt Kernen Nr. 25-2024 vom 19. Juni 2024

Das erweiterte Volumen für die Berichterstattung im MB und der Wegfall der dreimonatigen Sperrklausel vor dem Wahltermin am 9. Juni gibt uns die Gelegenheit, auf den vergangenen Wahlkampf zur Gemeinderatswahl zurückzublicken.

Langweilig
Der Wahlkampf war langweilig. Eigentlich total langweilig. Der Ausdruck Wahl“kampf“ bedeutet doch, dass Diskussionen stattfinden, dass debattiert wird, welche inhaltlichen Unterschiede es zwischen den einzelnen Listen und ihren Programmen gibt, welche Ideen die Kandidierenden haben, was sie in den nächsten 5 Jahren im Gemeinderat machen wollen, welche Vorstellungen sie haben, wie unsere Gemeinde in den nächsten 10, 20 oder 30 Jahren aussehen könnte. Stattdessen: nichts. Tote Hose.

Im Wahlkampf des Jahres 2019 war es wenigstens noch möglich, diese Debatten und die Vorstellung einzelner Programmpunkte (und der Kandidierenden) über das Mitteilungsblatt zu vermitteln. Aber durch den fast einstimmigen Beschluss des Gemeinderats im Januar 2024 (15 dafür, quer durch alle Fraktionen, nur unsere Gemeinderätin Corinna Konzmann stimmte dagegen, 2 Enthaltungen von den UFW) wurde diese Möglichkeit gekappt. Ein völlig unnötiger Beschluss, denn wie die Beispiele anderer Gemeinden zeigen (Korb, Remshalden) wäre es sehr wohl möglich gewesen, andere Regelungen zu finden, ohne diese Form der Selbst-Kastrierung.

Dazuhin war dieser Beschluss ein Wirtschaftsförderungsprogramm für die Druckerei, die das Mitteilungsblatt herstellt. Oder für andere Druckereien, die die Wahl-Flugblätter gedruckt haben. Dazu nur ein kleines Beispiel: wir haben zwei Mal eine Anzeige im Mitteilungsblatt veröffentlicht: einmal eine halbe Seite, das andere Mal eine ganze Seite. Das hat uns insgesamt 1.600 Euro gekostet. Andere Listen haben noch wesentlich mehr Geld ausgegeben. Ist das der Sinn der Sache, dass die, wo mehr Geld zur Verfügung haben, dann auch mehr Werbung machen können?

Ganz zu schweigen von der optischen Umweltverschmutzung durch die vielen Plakate an den Laternenmasten. Gut, da war auch noch die Europa-Wahl dabei, mit den besonders großen Plakaten – die wir ja über die Parteienfinanzierung alle aus unseren Steuergeldern bezahlen. Inhaltlich in ihren Parolen weitgehend gleich. Frage an das geneigte Wahlvolk: hat eines dieser Plakate Ihr Wahlverhalten entscheidend beeinflusst? Also wären sie eigentlich unnötig.

Dann gab es noch die Infostände auf dem Marktplatz oder vor dem Alten Schulhaus in Stetten. Mit dem Verteilen von Äpfeln oder Topfblumen. Gut, auch wir haben ein Mal Waffeln angeboten, die sehr angekommen sind. Aber hat dies Ihre Wahlentscheidung beeinflusst?

In Weinstadt hat das örtliche Klimabündnis z.B. eine Podiumsdiskussion zur Klimakrise organisiert. Bei uns war leider nix. Wir hatten dem Seniorenrat vorgeschlagen, eine Diskussion zum Thema „Pflegeheim in Stetten“ zu machen. Leider ohne Erfolg. Damit bei uns diese Form der politischen Auseinandersetzung stattfindet, wäre es notwendig, in Zukunft wieder Podiumsdiskussionen mit allen Listen zu bestimmten Themen anzubieten. 
Früher gab es immer Podiumsdiskussionen, die von der Fellbacher Zeitung organisiert wurden. Auch da nix mehr. Und die übrige Berichterstattung der Lokalzeitungen zur Wahl: minimal.

Demokratie lebt von der Auseinandersetzung

Demokratie lebt doch von der Debatte, von der Auseinandersetzung über den richtigen Weg. Aber wenn diese Auseinandersetzung nicht stattfindet, woher soll dann das Interesse – vor allem auch der Jungen – für die Kommunalpolitik denn kommen? Da ist es auch kein Wunder, dass die Wahlbeteiligung nur noch knapp über 50% liegt.
Bei unseren Infoständen haben wir mit vielen Jungen gesprochen, die zum ersten Mal wählen durften. Und sie gefragt, ob in der Schule über die Kommunalwahl gesprochen wurde, KandidatInnen eingeladen wurden? Nix.
Nach der Wahl ist vor der Wahl
Wir meinen: alle kommunalpolitisch Tätigen in der Gemeinde sollten sich Gedanken machen, wie wir in Zukunft das Interesse an der Kommunalpolitik wecken bzw. steigern können. Vor allem der Beschluss zur 3-monatigen Sperrzeit vor Wahlen sollte noch einmal gründlich überdacht werden.

Aufkleber Wahlkampf Juni 2024, Abfallbehälter Endersbacherstr.: Stalingrad ohne uns
Wahlplakat 2, Grüne, Juni 2024: Frieden sichern durch Waffenlieferungen? Foto PFB
Wahlplakat 1, SPD, Juni 2024: Frieden sichern durch Waffenlieferungen?, Foto PFB